Klage – und nun?
Privat/Leben April 27th, 2009Wie vielleicht einige Leser meines Blogs mitbekommen haben, fand ich mich wegen eines Blogeintrages vor Gericht wieder. Ich möchte in diesem Beitrag meine Einschätzung (also KEINE Rechtsberatung!) dazu geben, was aus meiner Sicht sinnvoll ist wenn ein Rechtsstreit droht, was in meinem Fall gut gelaufen ist, und was noch besser hätte ablaufen können.Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es immer gut ist, sich mit einer Thematik zu beschäftigen, wenn diese einem wichtig ist. Dabei ist es unerheblich, ob man erkrankt ist, ein Auto kaufen möchte, oder eben ein Prozess droht. Je mehr Vorarbeit, Strukturierung und Zulieferungen man einem Dienstleister (Arzt, Autohändler, Anwalt, …) zukommen läßt, desto leichter fällt der Job.
Doch vorweg: Ist ein Rechtsstreit zu vermeiden? Direkter Kontakt mit der Gegenpartei, ein persönliches Telefonat kann oft Steine aus dem Weg räumen. (In meinem Fall hats leider nicht funktioniert, da sich die Situation ständig änderte, und so eine externe Dauerlösung unvermeidlich wurde – zumindest aus Sicht der Kläger.) Funktioniert das nicht, muss ein Anwalt ausgewählt werden (selbst wenn man sich vor dem Amtsgericht selber verteidigen kann, ist das Hinzuziehen eines Experten sicherlich nicht verkehrt. Er kennt sich mit den Verfahrensweisen etc. am besten aus – und kann sich um Fristen etc. kümmern). Kennt man keinen, dem man die entsprechende Kompetenz zutraut, aber kennt man einen gebietsfremden Anwalt, so kann man diesen Fragen, ob er einen Kollegen empfehlen kann. (In meinem Fall lief es dann genau darauf hinaus, im Nachhinein kann ich nur sagen, dass ich hochzufrieden darüber bin.) Dabei ist damit zu rechnen, dass zusätzliche Reisekosten/Spesen anfallen können, wenn der Anwalt eine weitere Anreise hat.
Anwalt gefunden? Persönliches Gespräch, erste Lageeinschätzung – stimmt die Chemie? Wenn Menschen auf Menschne treffen, ist unvermeidlich, dass es manchmal nicht „fluppt“ – gerade wenn man jedoch in so einer Lage ist, und sich unsicher fühlt, ist es wichtig, dass die Chemie stimmt. (In meinem Fall kam der Erstkontakt nach ein paar E-Mails so zu stande, dass ich nach Rücksprache noch um halb Zehn Abends angerufen wurde. Ich halte das für außergewöhnlich, und konnte nach dem ersten Gespräch auch wieder (fast ganz) entspannt durchatmen.)
Ich habe sämtliche Ereignisse chronologisch sortiert in ein großes PDF gepackt, zusätzlich natürlich den gesamten Schriftverkehr (mit Post-It’s und Kommentare versehen) eingeschickt. Wichtig: Niemals den Anwalt belügen oder Details „vergessen“. Auch (oder gerade?) dann, wenn man weiß, dass man etwas gemacht hat, dass vielleicht nicht o.k. war, Anwälte haben Schweigepflicht. Also vollständiges Briefing – sonst können böse Überraschungen drohen und die gesamte Strategie flöten gehen.
Bei mir gings dann so weiter, dass eine Besprechung des Budgets anstand – was kann mich das ganze kosten, wie komm ich am billigsten raus, und bis wohin ist man bereit zu gehen. Optimal wenn hier eine Lageeinschätzung des Anwalts hilft. (Wobei der Anwalt sich natürlich auf dünnes Eis begeben kann, keiner möchte nachher das Gejammer ertragen wenn die Prognose falsch war.)
Hat man die Chance selber zu recherchieren, zusätzliche Zeugen aufzutreiben, kennt man gar Präzedenzfälle? Es hilft natürlich nicht gleich den Briefkasten mit Katalogen irrelevanter oder redundanter Informationen vollzustopfen, doch gerade wenn es um Zeugen oder ähnliches geht, kann die auch kein Anwalt aus dem Ärmel schütteln.
Hat man sich gegen eine Anerkenntnis entschieden, und möchte wirklich vor Gericht erscheinen, dann gilt es eine Klageerwiderung zu verfassen. Auch hier wurde ich in meinen Augen gut miteinbezogen, konnte noch meine (laienhaften) Kommentare anbringen, die anschließend auch Würdigung im Schreiben fanden. (Manches hat man selber eben eher parat als ein Anwalt, der sich mit zig Fällen beschäftigt, während einen selber seit Tagen nichts anderes mehr kümmert.)
Dann der Gerichtstermin: Unbedingt rechtzeitig da sein. Nicht sowas wie Amtsgericht und Landgericht verwechseln… Lieber noch in der Cafeteria etwas trinken (Wasser, Apfelschorle) und nochmal die Toilette besuchen. Man möchte später ja nicht unnötig unter „Druck“ stehen. Hier (Cafeteria) nochmal eine kurze Lagebesprechung mit dem Anwalt, falls möglich – die endgültige Strategie sollte jetzt festgelegt werden. (Die Gegenseite hat sicherlich bis jetzt die Gegenrede zur Klageerwiderung eingereicht – war alles fristgerecht hatte man auch Gelegenheit diese entsprechend zu lesen.)
Hier ist wichtig, dass man sich einen Plan macht. Und einen zweiten. Ein nicht gerade kleiner Prozentsatz von Gerichtsverfahren werden im ersten Termin mit einem Vergleich beschlossen (Gütetermin). Das sollte jedoch Plan-B sein, wenn man nicht bereits sicher ist, das alles andere nur schäbiger wird.
Vor Gericht: Es schadet nie, wenn man freundlich und strukturiert ist. Kein Chaos, keine Hasstiraden wie im Fernsehen. Es geht darum, eine Lösung für ein Problem zu finden, nicht irgendwem zu zeigen dass man lauter brüllen kann. Auch bringt es nichts neue Dinge aus dem Hut zu zaubern, von denen niemand vorher etwas gehört hat.
Danach hängt viel vom Richter bzw. den Richtern ab. Es ist selten so, dass eine Seite 100% im Recht ist, sondern eher so, dass es bei beiden Seiten gute Argumente, jedoch auch Schwächen gibt. Eine grobe Einschätzung wird man jedoch aus den Aussagen ableiten können, so dass man sich überlegen kann, wie das Prozessrisiko in etwa aussieht.
Hier ist sicherlich gut, wenn der Anwalt einem etwas zur Seite steht – mit der Entscheidung „Vergleich oder nicht“ ist man sonst ziemlich verloren. Hat man ja auch nicht alle Tage! Auf der anderen Seite kann einem die Entscheidung natürlich niemand abnehmen.
Aftermath: Noch nen Käffchen, Nachbesprechung. Hier kann man viel lernen, egal wie der Prozess oder der Vergleich ausgegangen ist. Denn in jedem Fall sollte man ein Verfahren als Investition sehen. Die Zeit ist eh weg, vielleicht auch noch (nicht wenig) Geld – das dümmste wäre, wenn man daraus nichts lernt.
Zu meinem Anwalt: Wer einen – in meinen Augen – kompetenten Anwalt im Bereich Domainrecht, Markenrecht und onlinerecht sucht, wird sicherlich hier gut beraten sein. Vom professionellen, ruhigen Auftreten über die Optik und gute Struktur der Schreiben bis hin zur persönlichen und nicht rein geschäftlich wirkenden Beratung war ich rundum zufrieden.
Trotz allem – ich hoffe aus ganz egoistischen Motiven dass zukünftige Zusammenarbeit sich auf andere Bereiche erstreckt, als die Verteidigung.
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